Susan Linton & Tuxmachines
„Ja sicher, könnte lustig werden “ antwortete Susan als ich sie das erste Mal nach einem Interview fragte. Mein erster Eindruck? Ich mache bestimmt keinen Fehler, wenn ich sage, daß Susan, die treibende Kraft hinter Tuxmachines, den Watschelgang watschelt ("Do you waddle the waddle?" - Leitmotiv der Seite Tuxmachines.org). In unsere kurzen und freundlichen Mailverkehr hat sie ein bißchen mehr über sich und Tuxmachines verraten.
Archie Arevalo (AA): Viele bezeichnen Sie als POWERade™ in der Linuxwelt. Sie waren für drei Wochen im Fahrersitz bei Distrowatch.com, während Sie nebenher noch sicher gestellt haben, daß bei Tuxmachines alles richtig läuft. Wie schaffen Sie das?
Susan Linton (SL): Tja, das war eigentlich gar nicht so schwer. Ich habe mit meiner normalen Arbeit bei Tuxmachines weitergemacht, habe aber die ganze Woche auch an Distrowatch gearbeitet. Genauer gesagt habe ich das Neuerscheinen einer Linux-Distribution gleich als Rohfassung in die Kolumne eingegeben, für DWW erwähnenswerte Neuigkeiten gleich niedergeschrieben - anstatt bis Samstag oder Sonntag zu warten um alles in einem Rutsch zu machen.
Zu Tuxmachines und den Bewertungen: Da habe ich eigentlich nur mein langjähriges Hobby zum Beruf gemacht. Ich habe immer neue Distributionen getestet, um meinen Freunden anschließend darüber zu berichten; Die haben im Gegenzug das Gleiche für mich gemacht. Als ich nun mit Tuxmachines angefangen habe, mußte ich eigentlich nur mehr Screenshots machen und die Beschreibungen in eine lesefreundlichere und interessantere Form bringen, d.h. etwas übersichtlicher gestalten, mehr Details erwähnen und versuchen, korrekte Grammatik und so anzuwenden. :D
Neue Berichte/Links (Verweise): Ich habe viele Feeds (Benachrichtigungen) und viele, sehr viele Lesezeichen in meinem Akregator. Ich versuche meine Lesezeichen mindestens einmal täglich aufzurufen, und meine Feeds werden einige Male am Tag aktualisiert. Außerdem überprüfe ich mehrmals täglich noch einige Suchmaschinen. Im Grunde genommen handelt es sich also um jede Menge Routinearbeit. .
AA: Linux wird immer populärer, und es wird erwartet, daß mehr Computerbenutzer auf den fahrenden Zug aufspringen. Viele davon werden junge Leute sein, die von dem auf ihrem Rechner vorinstallierten proprietären Betriebssystem enttäuscht sind. Sie werden nur über ein beschränktes Budget für den Kauf neuer Software und nötiger Aktualisierungen verfügen. Glauben Sie, daß Linux die Antwort für diese Leute ist?
SL: Oh, sicher. Linux ist die Antwort darauf.
Schon bevor ich angefangen habe mit Linux zu arbeiten, hat es einen stetigen Fortschritt erlebt. Nach so vielen Stunden Entwicklungsaufwand ist es nur natürlich, daß Linux nicht nur eine praktikable Alternative für Geeks geworden ist, sondern auch für die breite Bevölkerungsschicht. So ziemlich jede normale Aufgabe kann unter Linux schneller und effizienter ausgeführt werden.
Alleine in den sechs Jahren seit ich Linux benutze habe ich in vielen Bereichen viele Verbesserungen gesehen. Die Schlüsselbereiche sind Hardwareerkennung und Autokonfiguration. Viele Benutzer kommen von Windows, wo sie nur eine Treiberdiskette einlegen, ein paar Mal auf "OK" klicken und den Rechner neu starten müssen - oder sie verfügen über überhaupt keine Vorkenntnisse. Die Hardwareunterstützung bei Linux ist gerade mal soweit, daß der Rechner hochgefahren wird.
Es gibt auch viele Verbesserungen auf Software- und Desktopseite, die zu abgerundeten Komplettlösungen evolviert sind. KDE, zum Beispiel, ist so gut ausgestattet, daß ich verschiedene Distributionen gesehen habe, die nur mit aufgesetztem KDE auf einem Basissystem auskommen. Mit OpenOffice.org bieten sie fast vollständige Kompatibilität zu Microsoft Office.
Außer jemand ist auf die Benutzung von proprietärer oder kommerzieller Software angewiesen die nur für Microsoft angeboten wird, glaube ich sehr wohl, daß Linux eine Komplettlösung darstellen kann.
AA: Drei Ihrer "Lieblingsbands" sind SUSE, PCLinuxOS und Gentoo. Es wird sicherlich einige Gemeinsamkeiten, aber auch bemerkenswerte Unterschiede geben, die erklären, warum diese Ihre Favoriten darstellen. Welche sind das?
SL: Linux bleibt für mich immer Linux. Was ist ähnlich? Das zugrundeliegende Basissystem. Nicht daß sie identisch wären, aber solange jemand lernt mit den gewöhnlichen Werkzeugen in der Befehlszeile umgehen kann, kann man alle der Angebote auskosten. Für mich sind die Unterschiede weniger augenscheinlich als die Gemeinsamkeiten.
Wegen der Artikellänge habe ich meine Liste kurz gehalten, es gehören noch viele andere zu meinen Favoriten. Ich hasse es zugeben zu müssen, aber ein gemeinsamer Faktor bei meinen Favoriten, mit wenigen Ausnahmen, ist ein nettes Aussehen, die Oberflächlichkeiten des Systems. Ich mag die hübschen Distros. Das ist die wichtigste Gemeinsamkeit zwischen SUSE und PCLinuxOS: geschliffen, professionell, und schön. Mit dabei in dieser Liste sind Wolvix, Elive, KateOS, DreamLinux... sogar Xandros und Freespire. Mir haben es hübsche Gesichter schon immer angetan.
Die Ausnahmen von diesem Kriterium sind Slackware und das traditionelle Gentoo. Slackware putzt seinen Desktop (Arbeitsfläche) nicht heraus, aber wegen seiner Einfachheit und Stabilität habe ich seit langem eine Zuneigung dazu. Slackware ist wie Linux nach einem tüchtigen Frühjahrsputz. Ich begann Gentoo zu benutzen, als man noch seine eigene Arbeitsumgebung von Grund auf selbst zusammenstellen konnte, mit eigenen Optimierungen und einer eigenen Auswahl. Ich empfand das als die befreiendste Computererfahrung die man haben kann, und deswegen benutze ich ich es bis zum heutigen Tage täglich.
AA: Ein hübsches Gesicht… und tatsächlich geht ein großes Stück vom Linux-Kuchen an die suaven Distributionen die optisch etwas hermachen. Aber es gibt buchstäblich hundert oder mehr Distributionen zwischen denen man wählen kann, und für manche Benutzer scheint "Distro-hopping" eher eine Aufgabe denn eine Chance zu sein. Am Ende entscheiden sich die meisten Benutzer aber doch für eine Distro, bei der sie dann bleiben. Wenn Sie digitaler Zeus wären, würden Sie dann ihr Blitzbündel zücken und das Adonis unter den Linux Distros kreieren?
SL: Wäre ich der digitale Zeus, dann würde ich es vermutlich machen; Obwohl ich nicht sicher bin, daß ich bei den derzeitigen Angeboten etwas verbessern könnte. Wie Ladislav einmal gesagt hat: heutzutage kann man so leicht eine Live-CD erstellen, daß jeder Tom, Dick und jede Jane schon eine gemacht haben. Aber Ja, auch ich habe schon einmal mit dem Gedanken gespielt. Ich habe in den letzten fünf Jahren sehr viel Zeit damit verbracht andere zu testen und zu beurteilen, so daß man meinen könnte, daß ich eventuell die perfekte Distro entwerfen könnte. Aber die Wahrheit ist doch: Welches Paketmanagement ist am besten? Welche Arbeitsumgebung ist am besten? Was ist die beste Hochstart- und Dienste-Methode? Oder sogar: Was sind meine Favoriten? Antwort: ich glaube nicht, daß ich bevorzugte Methoden habe. Ich mag apt-get, ich mag rpm/urpmi, ich mag portage, ich mag Quellcode in Tarballs - und alle ungefähr gleich. Sie haben alle ihr Für und Wider. KDE, Fluxbox, Xfce4? Für und Wider. Und wenn es um das sogenannte "Eye-candy" geht: Liegt das nicht alleine im Auge des Betrachters? Wie würde also die funktionellste, effizienteste, stabilste und schönste Distro der Welt aussehen? Fragen Sie hundert Leute, und Sie werden hundert verschiedene Antworten bekommen. Lange Antwort kurz: Nein, wahrscheinlich nicht.
AA: Kommen wir nochmal zurück auf Tuxmachines: es hat den Anschein als ob das Hobby sich zu einer der beliebtesten Webseiten entwickelt hat. Was machen Sie für diesen Erfolg verantwortlich?
SL: Ich habe Gottseidank einige regelmäßige Beziehungen zu den größeren Jungs, und auf Gelegenheitsbasis Verbindungen mit den richtig dicken Brocken. Wenn es nicht PCLinuxOnline und DistroWatch gäbe, hätte vermutlich niemand jemals von mir gehört.
Ich vermute die Leute hören gerne etwas darüber was eine Distro zu bieten hat und wie sie aussieht. Viele fragen sich auch, welche Distro gut funktioniert und welche noch einiges an Entwicklung benötigt. Es scheint so zu sein, daß auch die loyalsten Benutzer manchmal etwas Neues ausprobieren wollen, und vielleicht benutzen Sie meine Kritiken als Entscheidungshilfe. Manche wollen auch einfach die Entwicklung einiger Distros die ich beschreibe im Auge behalten, wie z.B. (open)SUSE oder Mandriva. Einige meiner Besucher müssen Windows-Nutzer sein die nach ihrer ersten Linux Distro suchen, denn ich sehe jede Menge IE-Einträge in den Logs. Überrascht war ich über die vielen Mac-Zugriffe. Und schließlich habe ich noch meine Stammleserschaft, von denen ich denke, daß sie wegen den Links, den Neuigkeiten und den anderen interessanten Sachen die ich im Netz finde vorbei kommen. Außerdem habe ich auch ein richtig süßes Logo! :D
AA: Haben Sie Pläne für die Zukunft?
SL: Einfach nur weitermachen. Ich hätte gerne einen Stellvertreter, jemanden der Beiträge recherchiert und dann und wann vielleicht auch einmal schreibt. Ich habe auch schon jemanden im Auge, allerdings habe ich ihn noch nicht gefragt. Alternativ hatte ich auch daran gedacht, auf meiner Webseite nach einem Co-Herausgeber zu suchen; Vielleicht mache ich das ja auch noch.
Ich freue mich auch auf den Tag, an dem ich mit der Seite auf einen Hochgeschwindigkeitsserver umziehen kann. Ich habe einige virtuelle Server ausprobiert, aber die Resultate waren nicht so überzeugend. Im Augenblick sind wir erstmal wieder da wo wir angefangen haben.
Ich würde auch gerne meine Testausrüstung erweitern, um mehr Benutzer unterzubringen. Sehr viele haben Fragen zu Wireless (Kabellosen) und Unterstützung für Laptops. Hoffentlich kann ich mich zukünftig darum kümmern.
AA: Werden Sie Ihre Arbeiten bei DistroWatch fortsetzen?
SL: Das war eine einmalige Sache. Normalerweise macht Adam von MadPenguin die Weeklies, im seltenen Fall, daß Ladislav in Urlaub geht oder so. Er hatte mich dieses eine Mal nur gefragt, weil Adam zufälligerweise zur selben Zeit in Urlaub fahren wollte. Sollte er mich jedoch noch einmal brauchen können, werde ich sicherlich für ihn da sein.
AA: Das sie über ein süßes Logo verfügen kann ich bestätigen. Laut der Free Online Dictionary bedeutet "to waddle" mit kurzen Schritten zu laufen, wobei der Körper von Seite zu Seite wackelt. Ich glaube ein "waddle" ist wie der Pinguin-Gang: langsam aber sicher. Können Sie unseren Lesern erklären, was es mit "Do you waddle the waddle?" in Ihrem Logo auf sich hat?
SL: Nun, das ist ein Wortspiel zu dem alten Sprichwort "You talk the talk, do you walk the walk?", welches soviel bedeutet wie "Praktizierst du auch was du sagst?" oder "Praktizierst du was du predigst?". In meinem Logo läuft die Aussage, glaube ich, auf folgendes hinaus: "Benutzt Du Linux in Deinem täglichen Leben?" oder auch "Du sagst Du benutzt Linux - machst Du das wirklich?". Das soll nicht herablassend wirken, sondern als Inspiration und Ansporn verstanden werden.
AA: Eine letzte Frage habe ich noch, obwohl ich schon so viel Ihrer Zeit gestohlen habe. Sie haben PCLOS getestet, bewertet, und Sie benutzen PCLOS. Wo sehen Sie diese Distro in, sagen wir einmal, einem Jahr?
SL: Bei der 0.94, an der 0.95 arbeitend. :D Ich weiß nicht wieviele Benutzer sie jetzt haben, aber die Zahl wird sich mit Sicherheit erhöhen. Die Entwickler verfeinern Ihre Kenntnisse, die Distro wird immer besser und besser. Sie hören auf ihre Benutzer und entwickeln aufgrund des Feedbacks (Rückmeldung). Sie haben sich wirklich eine große und loyale Anhängerschaft verdient. Ich denke sie werden weiter wachsen und einen größeren Anteil der Benutzerschaft übernehmen. Ich glaube, daß PCLOS eine sehr gute Zukunft haben kann.
AA: Vielen Dank für ihre Zeit und ihre Erörterungen. Ich bin mir sicher, daß Sie die Überarbeitung und die Veröffentlichung des Artikels in einem noch günstigeren Licht erscheinen lassen wird. Ich werde Sie über das Erscheinungsdatum und den Link (Verweis) zum entsprechenden Download (herunter laden) auf dem Laufenden halten. Ich hoffe sehr, daß wir nicht zum letzten Mal miteinander "gechattet" haben.
SL: Ich danke Ihnen.