Stan's Schimpfrede
Stan Whalley
In welche Richtung entwickeln sich Computer? Diese Frage stelle ich mir sehr häufig, aber leider habe ich bis jetzt keine Antwort gefunden. Werden Applikationen in Zukunft eher webbasiert sein, so wie Microsoft es gerne hätte? Microsoft würde uns nämlich sehr gerne Programme vermieten (was sie sowieso schon tun), zusätzlich natürlich auch für Support abkassieren. Gesellschaften wie z.B. Red Hat und Suse Linux verdienen mit Support eine schöne Stange Geld mit etwas, das eigentlich als freie Software angefangen hat.
Wer möchte denn wirklich, daß bei den damit verbundenen Risiken seine wertvollen Daten unnötigerweise durch das Internet geschickt werden? Die meisten Menschen haben doch gerne ihre Daten unter Kontrolle, und arbeiten lieber mit Software die auf ihren Rechnern installiert ist. Zumindest bei mir ist das so, es gibt mir das Gefühl mehr Herr der Lage zu sein. Kontrolle ist nämlich sehr wichtig, fragen sie mal Microsoft, Sony und andere.
Ich habe nichts gegen Support gegen Bezahlung, aber ich möchte nicht den Support für ein Produkt bezahlen müssen, das schon in seinen Grundzügen ernsthafte Mängel aufweist. Die großen Gesellschaften glauben an "Survival of the fittest", dem Überleben der stärksten Firma, und das ist auch richtig so - ganz besonders wenn man schon fast ein Monopol für seine Produkte erwirtschaftet hat. Der Haken an der Sache ist allerdings, daß, sollte sich dieses Produkt nicht als das Beste herausstellen, jemand den Teppich unter den Füßen der Firma wegziehen wird - egal ob eine Monopolstellung vorliegt oder nicht. Mit dem Verkauf von nicht ausgereiften Produkten gelangt man nicht an die Spitze. Niemals.
Deshalb denke ich, daß Vista nicht das richtige Produkt für die Zukunft ist. Es verfügt über einige interessante und potentiell nützliche Eigenschaften, basiert aber immer noch auf einer schlechten Grundarchitektur. Symantec hat schon zu frühen Vista-Ausgaben Bedenken zur Stabilität und Sicherheit angemeldet, die nicht so einfach zu beseitigen sein könnten.
Microsoft wird die meisten Probleme von Vista beseitigen bevor es auf den Markt gebracht wird, so wie es auch mit Windows XP geschehen ist. Ich habe von Windows XP Release Candidate 1 bis hin zu XP Service Pack 2 damit gearbeitet, und die Unterschiede sind so groß, daß man sie fast als zwei eigenständige Betriebssysteme betrachten könnte.
Warum ist Vista immer noch mit Mängeln behaftet, und warum dauert es so lange sie zu beseitigen? Das Vista-Konzept (Longhorn) wurde schon auf den Tisch gebracht bevor Windows XP herausgegeben wurde, und basiert, falls mich nicht alles täuscht, auf dem NT Kernel - genauso wie Windows 2000 und XP. Als die ganzen Sicherheitsprobleme mit XP offensichtlich wurden, hätte man denken können, daß dieses einen genaueren Blick auf die Entwicklung von zukünftigen Betriebssysteme auf NT-Basis ausgelöst hätte. Es hätte einen Punkt geben müssen, an dem die Frage aufgeworfen wurde, ob man mit dem NT Kernel weitermachen sollte, oder doch lieber einen neuen entwerfen soll.
Meiner Meinung nach ging Microsoft den falschen Weg. Denn etwas, das Hacker in- und auswendig kennen, neu zu schreiben und zu flicken, sollte nicht das sein, wofür man viel Geld ausgibt. Aber liegt das Problem an den damit verbundenen Kosten, oder nicht vielleicht doch eher an der Unfähigkeit Innovationen hervorzubringen? Oder ist es einfach nur Arroganz?
Ich habe viele Sicherheits-Updates bei Windows XP von RC1 bis SP2 miterlebt, und ich denke mal, daß Benutzer von Vista im Laufe der Zeit das Gleiche erleben werden. Windows SP2 ist einigermaßen stabil und sicher, wenn man sich ein bißchen darum kümmert; Es stellt mit Sicherheit eine bessere Arbeitsumgebung als die Betriebssysteme der Windows 9X Reihe dar. Viele XP-Benutzer sind zufrieden mit diesem Produkt, und werden von Vista sehr viel mehr erwarten als nur ein neues GUI. Sicherheit ist zu einem Schlagwort in der IT-Welt geworden, und Konsumenten wollen nicht mehr einfach nur ihren Rechner sicher wissen, sie möchten das auch mit einem Minimum an Aufwand und Kosten. Benutzer wollen nicht für Software bezahlen, um ein mangelhaftes Produkt abzusichern.
Was ist mit Microsoft? Werden die Verzögerungen bei Vista einen Einfluß auf das Renommee der Firma haben? Wird sich Vista gut verkaufen? Natürlich wird es das. Es wird für viele Leute die einzige Option bleiben, wenn sie einen neuen Rechner kaufen, so wie Windows XP es war. Aber werden die Leute genauso gerne zu Vista upgraden wie sie es von Windows 9x zu XP getan haben? Ich bezweifle es. XP war ein weitaus besseres Produkt als Windows 9x RC2. Es basierte natürlich auch auf einem besseren Kernel. Ja, ich glaube sie werden. Nicht nur die Aktionäre, sondern auch jene, denen glaubhaft gemacht wurde, daß Microsoft wegen eines überlegenen Produktes omnipotent sei. Sie können die Menschen nur auf die Folter spannen, wenn ihnen nicht die Internet-Habichte im Nacken sitzen, aber sowas gibt es heutzutage nicht mehr.
Der Stift ist mächtiger als das Schwert, aber nicht als das Großmaul. Es sind nicht nur die Verzögerungen bei Vista, die das Bild der Firma Microsoft beeinträchtigen, sondern auch offensichtliche Inkompetenz, himmelschreiender Geiz und die Kontrollwut über die Benutzer; Viele derjenigen die etwas in der IT-Welt zu sagen haben werden deshalb nach alternativen zu Waren von Microsoft suchen.
Wohin geht die Computerwelt? Ich weiß es nicht, aber ich vermute, daß, falls Microsoft seine Geschäftspraktiken nicht ändert und nicht endlich die Software verbessert, Piraterie Microsofts geringstes Problem sein dürfte.